Wir sind mittendrin im Countdown des Jahres 2017. Der große Sylvestertrubel steht bevor und wird wie immer von lautem Geböller begleitet sein – von Stille keine Spur.

Deshalb widme ich meinen letzten Blogbeitrag in diesem Jahr dem Thema Stille. Mir scheint, die Menschen haben eine Sehnsucht nach Stille, wenn ich beobachte, wie dieses Thema gerade einen Hype erlebt: Kinofilme und Artikel dazu begegnen mir nahezu täglich.

Lärm stresst

Die meisten von uns weckt morgens das laute Klingeln des Weckers. Das ist schon die erste unsanfte Begegnung mit Lärm. Für mich ist das drohende Weckerklingeln schlimm genug, dass ich vorher schon wach bin.

Schauen wir weiter auf den Tagesablauf, dann erkennen wir schnell, dass uns eine nicht abreissende Geräuschkulisse begleitet. Ob wir wollen oder nicht… Dauerbeschallung in Einkaufszentren und Läden, Lautsprecherdurchsagen, Verkehrs- und Flugzeuglärm, Sirenengeheul von Polizei- oder Notarztwägen, Klingeltöne vom eigenen oder fremden Smartphone, Telefongebimmel, Besprechungen… diese Liste ließe sich weiter fortschreiben. All dies strömt ungefragt auf uns ein. Wir können uns kaum entziehen. Während wir unsere Augen schließen können, bleiben unsere Ohren immer auf Empfang.

Zahlreiche wissenschaftliche Studien, u.a. auch die des Umweltbundesamtes, belegen die negative Wirkung von (Dauer-)Lärm auf unseren Organismus.

 

Sehnsuchtsort Stille

Stille ist nicht nur die Abwesenheit von Lärm. Alles, was wir als Stille erleben, ist durchaus auch Geräusch. Denke nur an das Rascheln des Laubs im Wind oder das Plätschern eines Baches.

Absolute Stille herrscht in besonders ausgestatteten Tonstudios. Der stillste Ort der Welt ist laut Guinnessbuch der Rekorde ein Laborraum in Minneapolis (Quelle Süddeutsche Zeitung vom 24.12.2017).

Stille kann auch Pause sein. Zwischen Klängen oder im Gespräch mit anderen Personen. Ohne Stille und Pausen könnten wir die Töne und Geräusche gar nicht einzeln wahrnehmen.

 

In welchen Momenten erfährst du Stille? Sobald du beginnst, auf die Pausen zu achten, deine Aufmerksamkeit auf den Raum zwischen den Geräuschen, Worten, Klängen zu richten, schulst du deine Achtsamkeit. Du gelangst automatisch in den gegenwärtigen Moment, denn Stille ist nur im JETZT und nicht in der Vergangenheit oder Zukunft erlebbar.

 

Fünf Wege in die Stille

 

  1. Geh in die Natur

Bei mir ist es vor allem die Natur, in die es mich zieht, damit es leiser wird um mich herum. Sei es ein Waldspaziergang, eine Bergwanderung oder ein Ausflug an den versteckten Weiher. Hauptsache alleine und im Schweigen. Um besser hören zu können, wie Stille klingt: das Vogelzwitschern, das Plätschern eines Baches, das Rascheln des Laubs im Wind. Sofort beruhigt sich mein Nervensystem und ich spüre, wie mein Puls sich verlangsamt, die Gedanken freier fließen und mein Atem tiefer und langsamer wird.

 

2. Meditiere regelmäßig

Genauso gut unterstützt Meditation, in die Stille und das Lauschen zu kommen. Es gibt zahlreiche wissenschaftliche Forschungen über die Wirkkraft des Meditierens. Verschiedene Formen bieten sich an: Du kannst auf deinen Atem achten, du kannst ein Mantra sprechen oder singen, wie es auch bei der Grundtonübung praktiziert wird, oder du meditierst im achtsamen Gehen. Probiere einfach offen und neugierig alles einmal aus. Ich bin sicher, du wirst das finden, das gut zu dir passt.

 

3. Geh ins Schweigen

Ein besonderes Erlebnis ist ein Schweigeretreat über mehrere Tage. Da dies im Alltag nicht so einfach möglich ist, macht es Sinn, sich hierzu im Kreise gleichgesinnter Menschen zu treffen. Ich kann dir hier die Angebote meines Lehrers Richard Stiegler und seiner Bewusstseinschule „Seele und Sein“ sehr empfehlen. –  Ich weiß noch sehr gut, wie es mir in meinem ersten Schweigeretreat vor über zehn Jahren ging: es schien kaum vorstellbar, vier Tage in Gemeinschaft zu sein und dabei nicht zu sprechen; auch kein Buch zu lesen oder ähnliches, selbstredend auch kein Handy – es war einfach alles tabu, was ablenkt. Die einzige Aufgabe war, im gegenwärtigen Erleben zu bleiben. Offen werden, für das, was sich zeigt und welche Emotionen und Gefühle aufsteigen. Als besonders wohltuend habe ich jedesmal die gemeinsamen Mahlzeiten im Schweigen erlebt. Nichts lenkt ab. Wie entspannt und nährend waren diese Momente für mich!

 

4. Iss achtsam

Vielleicht willst du nicht gleich ein mehrtägiges Schweigeretreat besuchen. Dann möchte ich dich ermuntern, zumindest einmal eine Mahlzeit am Tag wirklich im Schweigen und achtsam einzunehmen. Im Kreis deiner Familie, oder – wenn du alleine lebst – ohne sonstige Ablenkungen wie Radio, Internet oder Fernsehen. Richte 100 Prozent Aufmerksamkeit auf das, was du gerade isst. Lege das Besteck zur Seite, kaue langsam und erschmecke die unterschiedlichen Aromen der Speisen. Auch das entschleunigt sofort und führt in die Stille.

 

5. Sei kreativ

 

 

Kreatives Tun, wenn du es mit voller Hingabe machst, führt dich ebenfalls in die Stille. Zum Beispiel Mandalas malen, stricken oder handwerken. Im Zustand absoluter Konzentration auf das, was du erschaffst, bist du ganz bei dir und kannst so Lärm und Geräusche ebenfalls gut ausblenden.

 

 

 

 

 

 

Folgende Empfehlungen kann ich dir geben, wenn du tiefer eintauchen möchtest in das Thema Stille:

Den Kinofilm „Zeit für Stille“ – er läuft noch im Kino. Unter www.kino.de kannst du schnell herausfinden, wo du ihn in deiner Nähe ansehen kannst.

Den Kinofilm „Die stille Revolution“ – die Vorpremiere lief im November in München. Ab Februar kommt er ins Kinoprogramm.

Ein facettenreicher Artikel über Stille ist zu Weihnachten in der Süddeutschen Zeitung erschienen. Reinlesen lohnt!

Und selbstverständlich gibt es jede Menge Literatur über Stille. Eines meiner Lieblingsbücher ist von Richard Stiegler „Kein Pfad – aus der Stille leben

 

So, und jetzt werde ich still und schließe mit den herzlichsten Wünschen für dein Jahr 2018!

Hör auf die Stille, achte auf deinen eigenen Rhythmus und gönne dir Pausen.

 

Herzlich,

Astrid

 

 

Bildnachweis: 123rf.com: Rudmer Zwerver, Kriangkrai Saikasem, dolgachov, snezh, belchonock, Yevgeniy Ilyin und privat

 

 

 

 

Schreibe einen Kommentar


4 Comments

  1. Susan sagt:

    Liebe Astrid, welch guter Impuls. Bin gerade dabei noch alles vor dem Jahreswechsel zu erledigen und Stille ist nicht zu spüren. Ich müsste nur rausschauen und der Stille des Schnees folgen – dank deinem Impuls werde ich es jetzt tun! Danke! Und ein gutes neues Jahr mit stillen Pausen.

  2. Doreen sagt:

    Liebe Astrid, ein großartiges Thema, nicht nur vor Silvester. Wunderbar geschrieben und danke für Deine Tipps, die mich erinnern. Herzliche Grüße, Doreen

  3. Claudia sagt:

    Ich liebe die Stille, besonders, wenn sie von allein von innen heraus einsetzt. Dann stört jedes gesprochene Wort – denn die Stille durchtönt den Raum. Gerade habe ich es am Wochenende beim Skifahren während der Betrachtung der wunderschönen Felsmassive erlebt – mitten im größten Trubel auf der Sonnenterrasse. Es wurde auf einmal ganz still in mir – und ich war dankbar.
    Danke für diesen tollen Beitrag, den ich gerne gelesen habe!

    • Astrid sagt:

      Liebe Claudia,
      oh ja, ich kann es so gut nachvollziehen. Einer meiner stillsten Momente war vor vielen Jahren, als ich in Südtirol von einer Alm aus weiter gewandert bin und über einen Kamm auf die andere Seite des Berges kam. Und da war auf einmal nur noch Stille.
      Danke für Deinen Kommentar 🙂